Über den Film „Ceplis“ findet man in der lettischen Filmkritik der 70er Jahre folgende Aussage: „Zum ersten Mal seit vielen Jahren sind in einem Spielfilm all die besten Eigenschaften des Rigaer Filmstudios vereint worden.“ Und dieser Film zeugt von der Professionalität der zu dem Zeitpunkt sehr stabil funktionierenden und breit angelegten Filmindustrie Lettlands. „Ceplis“ ist neben „Four White Shirts“, der ebenso im Filmkanon Lettlands zu finden ist, der bedeutendste Film von Rolands Kalniņš, wobei beide Filme künstlerische Hochleistungen sind und zugleich sich großer Liebe beim Publikum erfreuen.
„Ceplis“ ist eine Verfilmung des satirischen Romans von Pāvils Rozītis (geschrieben 1928), wobei der Titel doppeldeutig ist: das bedeutet nicht nur den Nachnamen des Haupthelden des Großfabrikanten Edgars Ceplis, sondern ist das lettische Wort für Brennofen für Ziegelsteine, die für die Filmhandlung wichtig sind. Die Tatsache, dass die Geschichte in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts spielt, bestimmt die Mehrschichtigkeit des Films. Denn in der Sowjetzeit durfte man über unabhängiges Lettland, das zwischen 1918–1940 bestand, nur im ironisch kritischen Tonfall oder negativ verurteilend sprechen. Deshalb war es für die Genehmigung zur Verfilmung von entscheidender Bedeutung, dass die Macher des Films zugesichert haben, dass auf der Leinwand die lettische Bourgeoisie entlarvt wird. Die lettischen Filmemacher in den 70ern Jahren des 20. Jahrhunderts beherrschten anhand von kleinen Winken und Zeichen aber das Sprechen „durch die Blume“ sehr meisterhaft, deshalb hat das Publikum hinter der komischen Oberschicht die Nostalgie nach einem eigenen Staat erkannt.
Im Zentrum des Films steht der Besitzer eines Ziegelwerks Edgars Ceplis (gespielt von Eduards Pāvuls), der einen Geschäftsplan entwickelt hat, wie man den Ton Lettlands verwenden kann. Der Auslöser der Handlung ist seine Intrige, die er spinnt, als es sich herausstellt, dass der von seinem Ziegelwerk eingekaufte Ton nicht zur Ziegelherstellung geeignet ist. An den Ereignissen nehmen teil: seine junge Sekretärin Austra Zīle (gespielt von Regīna Razuma in ihrer ersten großen Kinorolle), der naive Buchhalter Cēzars Caune (gespielt von Rolands Zagorskis), Ceplis‘ Frau Berta (Kinodebüt von Helga Dancberga), die das ganze eigentlich leitet, und noch eine ganze Reihe eindrucksvoller Charaktere.
Neben der hervorragenden Regie und dem bewunderungswürdigen Schauspielerensemble sind auch die Leistungen des Bühnenbildners Uldis Pauzers und des Kameramanns Gvido Skulte zu erwähnen, weil sie über die feine Farbdramaturgie und die nuancierte Farbpalette bestimmt haben. Die Atmosphäre des Films wird perfekt ergänzt durch die Musikarrangements von Marģers Zariņš, in denen verschiedene Musikstile integriert sind (Marģers Zariņš ist der Komponist bei zwei weiteren Filmen des Filmkanons: „In the Shadow of Death“ und „The Swamp Wader“).
„Ceplis“ ist im gleichen Jahr gedreht worden wie „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“ des spanischen Regisseurs Luis Buñuel. Das lässt uns darüber spekulieren, dass dieser Film von Rolands Kalniņš vielleicht unbewusst, aber sehr logisch sich in die Tendenzen des Kinos seiner Zeit einfügt.
Von Elīna Reitere adaptierte deutsche Fassung nach einem Text von Kristīne Matīsa
Der Film kann HIER gesichtet werden (mit englischen Untertiteln).